Maximal Digital: Das papierlose Büro

Schon seit Jahren wird auf eine digitalisierte Büroorganisation hingearbeitet – in den Apotheken angekommen ist dies bisher nur teilweise. Martin Weidemann und Peter Lehmann von der Treuhand Hannover sowie Apotheker Constantin Biederbick, der letztes Jahr ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) in seinen Apotheken installiert hat, zeigen auf dem Treuhand Dialog wie es funktionieren kann und welche Hindernisse dafür bewältigt werden müssen.

29. Dezember 2021
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Manchmal bekommt man gar kein Papier mehr – wie bei der Telekom. Und manchmal gibt es ohne Grund die doppelte und dreifache Papierflut. In der Realität besteht leider noch ein sehr unausgeglichenes Verhältnis von rein digital zu Papier: 99 Prozent Papier gegenüber 1 Prozent digital! Im Zeitalter der Digitalisierung eher unverhältnismäßig. Wie werden Sie das Papier los, was können Sie dafür tun und wie sehen die Schritte aus, die zum Ziel führen? Martin Weidemann, ehemaliger Betriebsprüfer in der Steuerverwaltung, jetzt in der Treuhand, kümmert sich um die Theorie, Peter Lehmann um die praktische Umsetzung und Constantin Biederbick zeigt wie es in der Praxis funktioniert.

Die Rahmenbedingungen sind zum einen die buchhalterischen Anforderungen: die gesetzlichen und berufsrechtlichen Aufbewahrungspflichten und die Dokumentation. Dann natürlich noch die technischen Voraussetzungen: Was benötigen Sie an Technik? Und Ihre eigenen Ansprüche: Was wollen Sie in welchem Außmaß erreichen?

Gesetzliche Aufbewahrungspflichten sind sowieso schon digital

Die gesetzliche Anforderung besteht darin, dass die Buchhaltung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Was das genau ist, findet man in den Kernaussagen des GoBD von 2019 (»Grundsätze zur Ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff«), die zum Beispiel besagen, dass eingehende elektronische Belege auch digital gespeichert werden müssen. Wichtig ist, dass die Daten nicht verändert werden können. Das E-Mail-Postfach oder eine Ablage im Dateisystem reichen also nicht aus. Außerdem muss eine Verfahrensdokumentation vorhanden sein.

Dieser wichtige Punkt der Unveränderbarkeit führt dazu, dass es Zugriffsberechtigungskonzepte und einen Änderungsschutz geben muss, so dass nicht jeder ran darf. Außerdem sollte es Versionierungsfunktionen geben, so dass Dokumente nicht überschrieben, sondern immer als neue Version abgelegt werden. Protokollierung von Änderungsaktionen, Zusatzfunktionen zur Nachvollziehbarkeit von Änderungen und Anbindungsmöglichkeiten von unveränderbaren Speichersystemen sind zusätzliche Anforderungen im Sinne des GoBD. 

Das Prüferwunschkonzert läuft auf ein DMS hinaus

»Alle diese Voraussetzungen, die schon heute bestehen, machen ein DMS für Apotheken eigentlich unausweichlich. Es sollte nur noch darum gehen: Welches nehme ich?«, fasst Martin Weidemann die theoretischen Rahmenbedingungen zusammen. »Wenn ich alle gesetzlichen und berufsrechtlichen Erfordernisse wie BTM-Doku, Herstellungsprotokolle und QMS erfülle, dann kann ich als Apotheker auch gleich ein DMS implementieren – und habe die Sicherheit, dass dort alles geregelt ist.«

Als Alternativen zum DMS gibt es noch Hardware-Speicherung wie DVD-R oder CD-R. Hier ist ein DMS jedoch besser im Kosten- und Zeitfaktor. Organisatorische Möglichkeiten sind Zugriffsberechtigungskonzepte und Protokollierung anhand von Onlinelösungen zum Hochladen oder Speicherung in Portalen, z.B. beim Kontoauszug im Onlinebankingportal. Die anwenderfreundlichste und sicherste Lösung ist schließlich die Softwarelösung, das DMS.

Was Ihr DMS alles können kann

Die eigenen Ansprüche an ein DMS stellt Peter Lehmann von der Treuhand Hannover dar. Ein DMS kann einfach nur ein digitales Archiv sein, kann aber auch noch viel mehr leisten: als Nachschlagewerk oder als digitales System für einen vollständig digitalen Workflow. Bei der reinen Archivfunktion ist das »nachgelagerte Scannen« erforderlich, das heißt, eine Bearbeitung des Dokumentes ist theoretisch noch bis zum Scannen möglich. »Ein Archiv ermöglicht einen schnellen digitalen Zugriff auf Dokumente und benötigt keinerlei Raum für die Aufbewahrung«, so Peter Lehmann. »Für die Vernichtung von Dokumenten ist aber auch hier noch die ergänzende Verfahrensdokumentation notwendig«. Zugriff kann entweder kaum oder jederzeit erforderlich sein wie bei einem Nachschlagewerk – ganz nach Wunsch.

Für die Etablierung von Workflows und die ausschließlich digitale Bearbeitung von Dokumenten ist das »vorgelagerte Scannen« notwendig. In der Regel wird dann »ersetzend gescannt« und Freigabeprozesse werden auf den Bildschirm verlagert, z.B. eine Rechnungsfreigabe. Ziel ist hierbei den »Dokumentenlauf« zu optimieren und Redundanz in der Bearbeitung am Dokument zu vermeiden.

Die Schritte zum Ziel: Wie gehts?

Beratung (Welche Möglichkeiten gibt es?), Technik (Server oder Cloud?), Motivation (die eigene und die der Mitartbeiter), Struktur (Wie fange ich an?) und Schulung (für alle) sind die Schritte zum Ziel. Einer, der diese Schritte bereits gegangen ist, ist Apotheker Constantin Biederbick, der drei Apotheken in der Nähe von Köln betreibt. Seine Erfahrungen, seine Vorgehensweise und seine Motivation für ein DMS teilte er auf dem Treuhand Dialog.

Seine größte Motivation für ein DMS waren folgende Faktoren: Personalmangel, Personalkosten, zunehmende Bürokratie und Zeitmangel. Außerdem brauchte er sowieso einen digitalen Arbeitsplatz und eine gute Dokumentenablage. »Außerdem wurde der Ordner für den Steuerberater immer dicker«, so der Apotheker aus Nordrhein-Westfalen. »Also suchte ich erst einmal jemanden, der alle verschiedenen Anbieter kennt und vorfiltert – inklusive Anschaffung und monatlichen Kosten zwecks Skalierbarkeit.«  Er wandte sich an die Treuhand und fand eine Lösung, die alles vereinte, was er suchte.

Thema Datensicherheit

Dann ging es aber erst einmal an die technischen Voraussetzungen: Datenleitungsqualität, Firewall, Datensicherheit. »Wenn man ersetzend scannt, ist die technische Voraussetzung dafür, nicht gehackt zu werden, ein absolutes Muss!«, so Biederbick. NAS-Server, Cloud, lokale Speicherung, neue Software, Unterspannungsversorgung und ein alleiniger neuer Server für DMS und Warenwirtschaft standen auf seiner Liste.

Nun müssen alle Partner ins Boot geholt werden, natürlich auch der Steuerberater. »Hier besteht die Chance für wesentlich mehr Effizienz, wenn Sie alte Prozesse überdenken und in Frage stellen«, so Steuerberater Martin Weidemann. »Führen Sie alle elektronischen Quellen zusammen und werden Sie zum ‚Herr der Belege‘.« Die Mitarbeiter sollten ebenfalls »mitziehen«. »Achten Sie darauf, dass es eine gemeinsame Reise wird«, empfiehlt Constantin Biederbick. »Sprechen Sie über die immensen Arbeitsvorteile, die Vision wie es später sein sollte, zeigen Sie schnelle Erfolge und schnell erreichbare Ziele auf und geben Sie Beispiele wie ‚Wenn das und jenes wegfallen würde, wäre das doch toll‘.« Der Apotheker ernannte außerdem eine Mitarbeiterin direkt zur DMS Projektmanagerin.

An DMS führt kein Weg vorbei

Wenn alle Voraussetzungen für den echten Start ins DMS erfüllt sind, kann es wirklich losgehen. Technik? Schulungen? Verfahrensdokumentation? Wenn Sie einen Haken dran setzen können, können Sie starten. Das größte Hindernis im Rückblick war für Constantin Biederbick die Firewall. Hier halfen ihm IT-Partner vor Ort, sowohl Softwaredienstleister als auch Serverdienstleister. Die monatlichen Kosten für das DMS blieben pro Apotheke im niedrigen dreistelligen Bereich. Sofortabschreibung für Hardware wie auch Software sowie der Investitionsabzugsbetrag helfen als steuerliche Möglichkeiten. Für individuelle Fördermöglichkeiten und Digitalförderung schreiben Sie eine E-Mail. 

Fazit: An einem DMS führt als Apotheke kein Weg mehr vorbei.