Das Menü der Möglichkeiten bei der Übergabe größerer Apothekenbetriebe und Filialverbünde

Verkauf, Pacht oder doch OHG: Was passt am besten zu den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen – und was lohnt sich steuerlich?

07. Dezember 2023
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Was wollen Käufer und was erwarten Verkäufer? Steuerberaterin Ute Cordes und Rechtsanwalt Ralph Kromminga erörtern Fakten, Fragen und Fall­stricke aus ihrer Beratungspraxis bei der Treuhand Hannover und zeigen optimale Lösungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Mehr als 45 Prozent der selbständigen Apotheker sind älter als 55 Jahre. Aufgrund der Nachwirkungen der Corona-Pandemie möchten Inhaber deutlich eher in den Ruhestand treten als noch vor zehn Jahren. Das bedeutet: Fast jeder zweite gibt bald ab. Die Anzahl derjenigen, die eine Apotheke übernehmen möchten, ist dagegen kaum gestiegen. Ergo: Was früher ein Verkäufermarkt war, ist heute ein Käufermarkt.

Erschwerende Faktoren sind außerdem Personalknappheit, steigende Kosten (Personal, Miete, Energiekosten) bei zurückgehendem Rohgewinn und die Unsicherheit, was die Politik mit dem Apothekensektor vorhat. Wenn dann auch noch ein nicht optimaler Standort und ein unterdurchschnittlicher Gewinn hinzukommen, wird klar, dass die Nachfolgesuche anspruchsvoller geworden ist. »Man sollte sich auf jeden Fall Zeit nehmen für den Verkauf und eine Abgabe möglichst mehrere Jahre im Voraus planen«, lautet der Ratschlag der Unternehmensnachfolge-Experten.

Zudem steigt die Anzahl von Apotheken mit einem Umsatz von mehr als 5 Millionen Euro und die Anzahl von Apothekenverbünden, die auf den Markt kommen, stetig an. Käufer haben jedoch Respekt vor den höheren Kaufpreisen für umsatzstarke Apotheken und Apothekenverbünde und suchen daher eher Apotheken mit einem Umsatz zwischen 2,5 und 5 Millionen Euro. »Um die unterschiedlichen Sichtweisen von Käufern und Verkäufern zusammenzuführen, kann in speziellen Fällen ein Übergangs- oder Mehr-Schritt-Modell, wie eine Verpachtung oder die Gründung einer OHG besser geeignet sein«, empfiehlt Verkaufsexpertin Ute Cordes von der Treuhand Hannover. Das häufigste Modell sei jedoch nach wie vor das »endgültige« Modell des Verkaufs.

Teilnehmerstimmen

 »Das Thema Mitarbeiterführung beschäftigt mich und hat mich hier auf dem DIALOG komplett abgeholt. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse fehlen uns Apothekern und die werden von der Treuhand Hannover sehr gut aufbereitet. Auch das Online-Marketing-Seminar und das Thema der Integration von KI waren super. Ganz allgemein würde mich in Zukunft auch das Thema Prozessverbesserung interessieren.«
Veit Sillner, Altstadt-Apotheke in Beilngries

Variante Verkauf: Vertragsgestaltungen und steuerliche Vergünstigungen

Bei Apothekenverbünden oder Apotheken, für die ein hoher Kaufpreis aufgerufen wird, wie Apotheken mit Sonderumsätzen (zum Beispiel Zytostatikaherstellung) sind »normale« Kaufverträge oftmals nicht passend und bilden die wechselseitigen Interessen der Vertragsparteien oft nicht ausreichend ab. Zu einem gelungenen Verkauf tragen in solchen Fällen oft Vertragsgestaltungen mit einem variablen Kaufpreis beziehungsweise Kaufpreisminderungsklauseln bei (z. B. bei »wegfallenden« Ärzten). In anderen Fällen kann das Risiko der Käuferseite durch Bürgschaften des Verkäufers oder ein Verkäuferdarlehen abgemildert werden. Ist der Abgeber auch der Eigentümer der Apothekenbetriebsräume, kann er dem Käufer einen apothekenfreundlichen Mietvertrag anbieten. Zu einem Gelingen kann auch eine aktive Unterstützung des Abgebers in der Startphase beitragen. Zudem sollte der Verkäufer für eine Best-Real-Worst-Case-Betrachtung bei der Kaufpreisfindung sowie einen Perspektivwechsel beim Aufzeigen der Rentabilität aus Käufersicht offen sein (»Würde ich das als junger Käufer auch machen?«).

Für die steuerlichen Vergünstigungen beim Verkauf einer Apotheke muss ein Verkäufer einige Voraussetzungen erfüllen: Er muss das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig sein und einen ganzen Betrieb oder einen ganzen Mitunternehmeranteil übertragen (Übergabe der wesent­lichen Betriebsgrundlagen). Befindet sich eine Immobilie oder eine Arztpraxis im Betriebsvermögen, sind besondere steuerliche Vorgaben zu beachten. Eine steuerlich optimale Umsetzung erfordert in solchen Fällen gegebenenfalls deutlich mehr Zeit. Es sind unter Umständen mehr als drei Jahre Vorbereitungszeit notwendig.

Variante Pacht: Wichtige vertragliche Regelungen

In manchen Fällen kann die Verpachtung eines Apothekenbetriebs die richtige Wahl sein. Die Vorteile für den Übernehmer bei Pacht einer Apotheke bestehen darin, dass er ein geringeres Risiko eingehen muss sowie ein geringeres Finanzierungsvolumen notwendig ist. Die Selbständigkeit kann so erst einmal »ausprobiert« werden. Für die Abgeberseite kommt eine Verpachtung vor allem dann in Betracht, wenn die Apotheke in ein paar Jahren zum Beispiel durch die Kinder des Abgebers übernommen werden soll. Der Verpächter und/oder sein Ehepartner können außerdem, zusätzlich zur Rente aus dem Versorgungswerk, eine laufende Versorgung aus der Pacht beziehen. Folgende Punkte sollten Abgeber unter anderem in einem Apothekenpachtvertrag regeln: Investitionen (Wer trägt was?), Vorlage von betriebswirtschaftlichen Unterlagen, was soll zum Pachtende mit Arbeitsverträgen und Dauerschuldverhältnissen passieren (Kündigen? Automatische Verlängerung? Wann soll gekündigt werden?), der Umgang mit Kunden- und Patientendaten und ein Wettbewerbsverbot. Auch bei der Pacht kann es steuerliche Vergünstigungen geben.

Variante OHG: Gut moderiert ist halb gewonnen

Für Apothekenverbünde oder sehr umsatzstarke Apotheken kann der Betrieb in der Rechtsform einer OHG vorteilhaft sein. »Viele Mandanten stehen einer OHG skeptisch gegenüber, da sie denken, dass diese Betriebsform sehr streitanfällig wäre«, berichtet Ute Cordes aus ihrer Beratungspraxis. Die Lösung hierfür: Moderierte Vertragserstellung, begleitendes Coaching, Moderation von Gesellschafterversammlungen und Mediation bei Konflikten. Tatsächlich ist die Anzahl der OHGs in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Die Vorteile dieser Gesellschaftsform sind vielfältig: Bessere gegenseitige Vertretungsmöglichkeiten, Möglichkeit zur Arbeit in Teilzeit trotz Selbständigkeit, bessere Work-Life-Balance, gemeinsam getragene Investitionen, geteiltes Risiko, leichtere Apothekennachfolge, getrennte Zuständigkeitsschwerpunkte, gemeinsam gefundene fundierte Entscheidungen, höhere Planungssicherheit und Wettbewerbsvorteile durch breiteres Know-How. »Die Bedenken der Mandant können wir durch eine ausführliche Besprechung der individuellen Vertragsentwürfe meistens ausräumen«, so der Vertragsexperte Ralph Kromminga.

Die Rechtsform der OHG kann aber nicht nur für den laufenden Betrieb, sondern auch für die schrittweise Übergabe vom Abgeber an den Übernehmer in Frage kommen. Bei einem solchen Modell bringt der Abgeber seine Apotheke in eine OHG ein und überträgt zunächst zum Beispiel nur einen kleinen Anteil an der gemeinsamen Gesellschaft an seinen Nachfolger (zum Beispiel 10 Prozent). Nach einem festgelegten Zeitraum des gemeinsamen Betriebs scheidet er dann aus der OHG aus und sein Nachfolger übernimmt sämtliche Anteile. Durch diese Art des Ausscheidens und der Übertragung der Apotheke kann der Abgeber den sogenannten »ermäßigten Steuersatz« für die Veräußerung des im Beispiel gebildeten, ihm noch gehörenden Anteils von 90 Prozent erhalten und viel Geld sparen. Der Existenzgründer kann hingegen über zwei bis drei Jahre in den Betrieb sukzessive eingeführt werden.

Sie benötigen Hilfe oder haben noch Fragen? Die Nachfolge-Experten der Treuhand Hannover sind für Sie da!