Gehaltserhöhung 2023: Nutzen Sie Ihre Gestaltungsmöglichkeiten

Sie zahlen über Tarif und fragen sich, ob Sie die Erhöhung mitmachen müssen? Oder ob alle Mitarbeiter die gleichen Leistungen bekommen sollten? Das Treuhand Expertenteam beantwortete in München Ihre Fragen zur Tariferhöhung.

21. Dezember 2022
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Das interdisziplinäre Team aus Rechtsanwalt Daniel Roth, Steuerberaterin Caterina Zeh und Personal­betriebswirtin Anke Kunigkeit zeigte in diesem Workshop, aus welchen Möglichkeiten Sie Ihren Gestaltungspielraum bei der Gehaltsanpassung nutzen können.

Das Gehalt wird im Arbeitsvertrag geregelt und ist frei zwischen den Arbeitsvertragsparteien verhandelbar – unter Geltung der gesetzlichen Bestimmungen und Tarifverträge sowie gegebenenfalls geltender Betriebsvereinbarungen. Zwingende gesetzliche Vorgaben sind stets zu beachten, sie gehen hierbei den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen vor und stehen in der Regel nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien. Wo ist also Ihr Gestaltungsspielraum? Das Team der Treuhand Hannover gab mögliche Beispiele: Vom Grundgehalt, Kita- und Fahrtkostenzuschuss, Gutscheinen, Sonderzahlungen, Geschenken, Personalrabatten, Dienstwagen- oder Fahrrad, Zuschüssen zur betrieblichen Altersversorgung bis hin zu Handy oder Notebook.

Zur Disposition der Parteien beziehungsweise änderbar sind regelmäßig nur Leistungen, welche von den Arbeitnehmer nicht beansprucht werden können, also bei rein freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber. Hierbei ist zu beachten, dass im Zuge der Gewährung einer solchen Leistung stets ein Freiwilligkeitsvorbehalt zu erklären ist. Dieser könnte beispielsweise wie folgt lauten: »Bei dieser Zahlung handelt es sich jedoch um eine freiwillige Leistung aufgrund einer vom Arbeitgeber jeweils gesondert getroffenen Entscheidung, auf welche kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht«, erläuterte Daniel Roth, Rechtanwalt bei der Treuhand Hannover. Soweit ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt nicht erklärt wird, bestünde immer die Gefahr des Eintritts einer »betrieblichen Übung«, da die Arbeitnehmer in diesem Fall darauf schließen dürfen, dass diese Vergünstigungen auch »zukünftig gewährt werden«. Der Eintritt einer solchen betrieblichen Übung führt somit immer zu einem entsprechenden Anspruch der Arbeitnehmer.

Übertariflich zahlen und jetzt noch erhöhen?

Sie zahlen (freiwillig) über Tarif und fragen sich, ob Sie dennoch jede Erhöhung mitmachen müssen? In diesem Fall könnten Sie tatsächlich über die weitere Anpassung des »überschießenden Teils« disponieren, falls ihr Arbeitsvertrag eine entsprechende Anrechnungsregel enthält, erklärte Roth. Diese könnte beispielsweise wie folgt aussehen: »Zwischen den Parteien besteht darüber Einigkeit, dass keine Verpflichtung zur zukünftigen Anpassung der vereinbarten Vergütung im Falle von Tariflohnerhöhungen vereinbart ist und ebenfalls keine weitere Anpassung erfolgt, soweit sich das Tarifentgelt in der Zukunft erhöhen sollte und das Gehalt weiterhin über dem Tarifentgelt liegt. Insoweit werden Tariflohnerhöhungen auf den Teil des übertariflichen Gehalts angerechnet, ohne dass es dazu einer weiteren Erklärung des Arbeitgebers bedarf.«

Müssen Sie allen die gleichen Leistungen (an)bieten?

Hier lautet der Grundsatz: Ohne sachlichen Grund keine Ungleichbehandlung. »Nicht erlaubt ist jede sachlich unbegründete Durchbrechung allgemein- oder gruppenbezogener Regelungen, die einzelne Arbeitnehmer oder -gruppen benachteiligen (BAG)«, so der Rechtsanwalt. »Individuelle Regelungen sind im Hinblick auf die bestehende Vertragsfreiheit zwar grundsätzlich möglich, werden allerdings Leistungen allein auf Grund genereller Regelungen gewährt oder werden abstrakte Regelungen der Gewährung zu Grunde legt, gilt immer der Gleichbehandlungsgrundsatz.«

Steuerberaterin Caterina Zeh widmete sich als nächstes aus einer großen Auswahl vieler steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten den Gutscheinen und Geldkarten, der Überlassung oder Übereignung eines Fahrrads sowie Telekommunikationsgeräten. Die  »Zusätzlichkeitserfordernis« setzt vier gesetzliche Anforderungen voraus, die dafür erfüllt sein müssen:

  1. Die Leistung wird nicht auf den Arbeitslohn angerechnet.
  2. Der Arbeitslohn wird nicht herabgesetzt.
  3. Die Leistung erfolgt nicht anstelle einer Gehaltserhöhung.
  4. Der Arbeitslohn wird nach Wegfall der Leistung nicht erhöht.

Die Zusätzlichkeit ist erfüllt, wenn die Vereinbarung der Verwendung vor Eintritt einer Lohnerhöhung erfolgt oder auch beim Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages. Auch bei der Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung oder beim Auslaufen bisheriger Arbeitsverträge und Abschluss eines neuen erfüllt sich die Zusätzlichkeit (unter Beachtung der Rückfallklausel). Der Nachweis der erfüllten Zusätzlichkeit sollte dann zur Lohnakte dazu genommen werden.

Tariferhöhung 2023

Anke Kunigkeit, die Personalexpertin der Treuhand Hannover, erläuterte im Anschluss, was die Tariferhöhung 2023 für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedeutet, welche Reaktionsmöglichkeiten bestehen – und wie Mitarbeiter auf andere Weise motiviert werden. Anhand einer beispielhaften Personalbesetzung aus der Praxis wurde die Erhöhung, die für 2023 beschlossen wurde, für 13 Gehälter auf insgesamt 7943 Euro pro Jahr beziffert.

Auf Grundlage des Arbeitsvertrages muss individuell geprüft werden, ob die Arbeitgeber die Tariferhöhung mitgehen müssen. Unabhängig davon entsteht durch die Erwartungen der Mitarbeiter ein Rechtfertigungsdruck. Falls die Tariferhöhung nicht mitgegangen wird, könnten Alternativen angeboten werden. Die Kostensteigerung als Arbeitgeber wäre dann geringer und für die Arbeitnehmer verbliebe mehr Netto vom Brutto.

Motivation & Zufriedenheit

»Für die Motiviation und Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter sind sowohl ‚Hygienefaktoren‘ wie Arbeitsbedingungen, Gehalt und Status als auch ‚Motivationsfaktoren‘ wie Anerkennung, Verantwortung und Entfaltungsmöglichkeiten wichtig. Die ersteren vermeiden Unzufriedenheit, führen aber nicht zu Zufriedenheit. Motivationsfaktoren führen dagegen zu hoher Motivation, hoher Zufriedenheit und starker Bindung«, gab Anke Kunigkeit den Zuhörer zum Schluss noch für den Apothekenalltag mit. Wenn Sie geführte Mitarbeitergespräche oder Personal-Workshops brauchen: Die Treuhand Hannover bietet Ihnen viele nützliche Dienstleistungen rund um das Thema Personal-Coaching.