Einsatz von KI in der Pharmazie – Position der ABDA
Menschliche Aufsicht von KI-Systemen ist notwendig, um Risiken für Gesundheit und Datensicherheit zu reduzieren.

Dr. Jan-Niklas Francke, Mitglied des DAV-Vorstandes, erläuterte die Position der ABDA und stellte sowohl die EU-Regularien (EU AI Act), das KI-Positionspapier des Verbandes als auch das KI-Thesenpapier der Bundesärztekammer vor. Im Anschluss wurde heiß diskutiert.
»Es findet ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel statt, das Bild der Apotheke muss und wird sich ändern! Wir werden zukünftig neben der Arzneimittelabgabe neue Aufgaben der Gesundheitsversorgung übernehmen«, stellte DAV-Vorstandsmitglied Jan-Niklas Francke klar.
Die EU-Regularien sollen klare und verbindliche Regelungen und einen einheitlichen Rechtsrahmen innerhalb der EU zum Einsatz von KI im Gesundheitswesen beisteuern. KI wird dafür nach Risikostufen klassifiziert und soll entsprechend der Risikostufe reguliert werden. Durch umfassendes Risikomanagement, Datenqualität, technische Dokumentation, Aufzeichnungspflichten und menschliche Aufsicht soll der verantwortungsvolle Einsatz gewährleistet werden.
Chancen von KI in der Apotheke
Das ABDA KI Positionspapier sieht die Chancen von KI vor allem bei standardisierbaren Aufgaben der Betriebsorganisation wie der Kommunikation von Kontaktwegen, Lieferzeiten, Verfügbarkeit oder auch apothekenindividueller Preisbildung. Automatisierbare Prozesse wie pharmazeutische Dokumentation, Lieferkettenoptimierung (Btm, Kühlartikel und so weiter) oder Sell-In (Industrie vs. Großhandel, Lagertiefe & Lagerbreite) bieten ebenfalls großes Einsatzpotential. Zusätzlich kann KI auch bei der Beratung unterstützen (beispielsweise bei Selbstmedikation und Polymedikationsanalysen), bei der multimodalen Verarbeitung externer Quellen (ePA mit elektronischer Medikationsliste) und der Integration in Managementsysteme (Dokumente, Qualität, Business Intelligence).
Risiken von KI in der Apotheke
»Gleichzeitig ist menschliche Aufsicht von KI-Systemen notwendig, um Risiken für Gesundheit und Datensicherheit zu reduzieren«, so Francke. Planungsalgorithmen für ethischen Einsatz existieren (noch) nicht, Transparenz über den Einsatz von KI und zu den Grundlagen der Entscheidungsfindung muss jedoch gewährleistet sein. Die Autonomie der Apotheker-Entscheidung steht dem Convenience-Faktor gegenüber. »Es wird menschliche »Checkpoints« brauchen. Wer haftet für die Entscheidung einer KI? Das muss ein Mensch sein!«, betonte Francke.
Diskussionsbericht: Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeit in Apotheken
Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurden verschiedene Perspektiven zur Einführung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Apotheken erörtert. Die Debatte kreiste um zentrale Herausforderungen, Chancen und notwendige Voraussetzungen für eine sinnvolle Integration von KI in den Apothekenbetrieb.
1. Heterogenität in der Apothekerschaft und fehlende Strategie
Eine Herausforderung wurde in der noch unterschiedlichen Bereitschaft der Apothekerschaft gesehen, KI-Werkzeuge zu nutzen. Während einzelne Apotheken bereits motiviert neue Technologien einsetzen, fehlt es zurzeit noch an einem einheitlichen Konsens für Einsatzmöglichkeiten der KI. Es besteht noch kein flächendeckendes Vertrauen in KI-Systeme, was den digitalen Transformationsprozess erschwert. Insbesondere die Notwendigkeit, sichere cloudbasierte Lösungen einzusetzen und diese allen Apotheken zugänglich zu machen, wurde als zentrale Voraussetzung für Fortschritt benannt.
2. Menschlichkeit und Vertrauen als zentrale Werte
Ein wiederkehrendes Thema war der Wunsch nach Menschlichkeit in zunehmend technisierten Prozessen. Während KI in vielen Bereichen überlegen sei (zum Beispiel in der medizinischen Entscheidungsunterstützung), wurde betont, dass das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Apotheke und Patient nicht durch Technik ersetzt werden dürfe. Es wurde die Sorge geäußert, dass Patienten eher der KI als medizinischem Fachpersonal glauben könnten – insbesondere bei Eigendiagnosen mittels Chatbots.
3. Nutzen von KI und Abgrenzung zur Automatisierung
In der Diskussion wurde zwischen Automatisierung und Künstlicher Intelligenz differenziert. Dort, wo strukturierte Daten vorliegen, könne Automatisierung entlasten. KI hingegen zeige Stärken insbesondere im Erkennen von Mustern (Clustering). Der tatsächliche Mehrwert von KI müsse jedoch für Apotheken klar erkennbar sein.
4. Datenverfügbarkeit und politische Verantwortung
Ein wesentliches Hindernis für eine effektive Nutzung von KI liegt in der Datenverfügbarkeit. KI-Systeme benötigen qualitativ hochwertige und kuratierte Daten, um verlässliche Ergebnisse zu liefern. Es wurde angeregt, dass politische Initiativen notwendig seien, um Rahmenbedingungen für eine solide Datengrundlage zu schaffen und damit auch die Grundlage für vertrauenswürdige KI-Anwendungen in der Gesundheitsversorgung zu legen.
Fazit
Die Diskussion machte deutlich, dass die Integration von KI in Apotheken mit hohen Erwartungen, aber auch tiefgreifenden strukturellen und kulturellen Herausforderungen verbunden ist. Vertrauen, Menschlichkeit und eine klare Nutzenkommunikation stehen im Mittelpunkt. Eine koordinierte Vorgehensweise, unterstützt durch zentrale Organisationen und politische Maßnahmen, wird als entscheidend betrachtet, um die Potenziale von KI im Apothekenwesen langfristig zu erschließen.
- Dr. Jan-Niklas Francke
Vorstand ABDA, BAK, DAV
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